netSCHOOL Oberstufe: Differential- und Integralrechnung

Oberstufenskript
Differential- und Integralrechnung
für Grund- und Leistungskurse von Jürgen Rohde
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 9.3 Anwendungen der Integralrechnung

 
9.4 Die Existenz von Inhaltsfunktionen
Fig. 1
In diesem Abschnitt wird der zurückgestellte Existenzbeweis der Inhaltsfunktion L-stetiger Randkurven nachgeholt.
Die Funktion  f  sei über dem Intervall  [ a | b ]  L-stetig. Das Intervall  [ a | b ]  wird durch die Zahlen
      x0 = a ,  x1 ,  x2 ,  . . .  ,  xi ,  . . .  ,  xn = b
in endlich viele Teilintervalle zerlegt.
Die Menge  0 = { x0 ,  x1 ,  x2 ,  . . .  ,  xn }  heißt Zerlegung von  [ a | b ] .
 
Fig. 2a
Fig. 2b
Fig. 2c

Wegen der L-Steigkeit von  f  über  [ a | b ]  gibt es einen linearen Sektor, der die Kurve von  f  über  [ a | b ] , erst recht über jedem Teilintervall verdeckt. Davon benutzt man über den Teilintervallen nur den rechten Teil. Dadurch erhält man zur Zerlegung  0  eine Kette von Dreiecken, welche die Kurve von  f  über  [ a | b ]  verdeckt.

Anders ausgedrückt: Zur Zerlegung  0  gibt es eine untere Sägezahnkurve s0 und eine obere Sägezahnkurve S0 für  f ,
so dass     s0  f  S0     in  [ a | b ]  ist.
Die Integrale   b  s0  und     b  S0    bestehen aus Inhalten von Trapezen,
a a
wobei auch überschlagene Trapeze wie in Fig. 2c vorkommen können. Die Trapezinhalte können auch negativ sein wie in Fig. 2b und 2c. Auf Grund der Konstruktion gilt
  1       b  s0     b  S0      und           2       b  S0  -    b  s0      L · ( b - a ) · d  ,
a a a a
wobei  d = max ( xi - xi-1 )  ,  i = 1, 2, . . . , n  ist. Man beachte:
  2   ist ein Maß für den Inhalt der in Fig. 1 weiß gehaltenen verdeckenden Dreieckskette.
 
Aufgabe 1 Bestätige Formel   2  .
Anmerkung:  d  ist Länge des längsten Teilintervalls.
Anschaulich ist klar, dass die zu definierende Flächenmaßzahl zwischen den Inhalten der unteren und oberen Sägezahnkurve liegt und dass Formel   2   ein Maß für die "Genauigkeit" ist, die sich offenbar durch "feinere" Zerlegung von  [ a | b ]  verbessern läßt.

Fig. 3 Um die Kurve von  f  enger durch Sägezahnkurven einzuschießen, konstruiert man aus der Zerlegung  0  durch Hinzunehmen der Mitten aller Teilintervalle die Zerlegung  1  .
1  heißt Verfeinerung von  0 .
Die zugehörigen Sägezahnkurven seien mit  s1  bzw.  S1  bezeichnet. Wie sich ihre Inhalte und deren Differenz gegenüber  s0  bzw.  S0  ändern, läßt sich an Hand von Fig. 3 beantworten. Die Summe der Inhalte der hellblauen Dreiecke ist genau halb so groß wie der Inhalt des Dreiecks  ABC . Zeige dies im einzelnen.
 
Aufgabe 2   Zeige
    b  s0     b  s1     b  S1     b  S0   und    b  S1  -   b  s1  =  ½ [  b  S0  -   b  s0 ] = ½ L · d · ( b - a )
a a a a a a a a

Die Wiederholung dieser Gedankengänge führt zur Zerlegung  i  mit den Sägezahnkurven  si  bzw.  Si  und es gilt:
      b  s0     b  s1     . . .     b  si     . . .     . . .     b  Si     . . .     b  S2     b  S2     b  S0  
a a a a a a a

und      b  Si  -   b  si      1 
2i
 · L · d · ( b - a )   .
a a

Also bilden die Intervalle  [   si  Si ]  eine Intervallschachtelung,
bei der die Länge der Intervalle beliebig klein wird.
Nach dem Axiom der Intervallschachtelung gibt es eine (genau eine) Zahl, die in allen Intervallen enthalten ist.
Sie wird mit         b  f    oder mit     b  f (x) dx        bezeichnet
a a
und man nennt sie das bestimmte Integral der Funktion  f  von  a  bis  b .

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