netSCHOOL Oberstufe: Differential- und Integralrechnung

Oberstufenskript
Differential- und Integralrechnung
für Grund- und Leistungskurse von Jürgen Rohde
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 7.1 Lokale Monotoniesätze

7.2 Globale Monotoniesätze

Auf Intervalle bezieht sich ein etwas modifizierter Monotoniebegriff:
Definition
     Die Funktion  f  heißt über dem Intervall  I  monoton steigend (monoton fallend),
wenn für je zwei  x1, x2  I  gilt:
 x1 < x2     f (x1) f (x2)       (   f (x1) f (x2)   )
 f  heißt über  I  streng monoton (fallend),
wenn  x1, x2  I  und  x1 < x2     f (x1) < f (x2)       (   f (x1) > f (x2)   )

Nach Satz 2 aus 7.1 ist es naheliegend, so zu argumentieren:
Wenn an jeder Stelle  x  I    f ' (x) > 0   ist, dann steigt  f  überall in  I . Daher ist  f  in  I  monoton (sogar streng) steigend.
Das ist auch richtig, nur erfordert der Beweis des letzten Schlusses einen höheren Aufwand als der Beweis des folgenden Satzes.

       Satz 3   Globaler Monotoniesatz
Wenn  f '  0   in  I  ist, dann ist  f  in  I  monoton steigend.

Beweis: (Vorbemerkung:   f ' 0   in  I    für alle  x I  gilt   f ' (x) 0 )

Es seien  u, v I  und  u < v .
Das Intervall   [ u | v ]   wird in  n  gleichlange Teilintervalle unterteilt mit den Teilpunkten
  u = x0,   x1,   x2,   x3,   . . . ,   xn = v .
Die Länge eines Teilintervalles sei   h = x1 - x0 = x2 - x1 = v - u
   n
  .    
Aus dem linken Teil der Ungleichungskette ( D  in 7.1 Lokale Monotoniesätze) folgt
  (1) f (x1) f (x0) + f ' (x0) - k h² f (x0) - k h²   ,also
(2) f (x1) f (x0) - k h² und entsprechend
(3) f (x2) f (x1) - k h²
::   
:: 
(n+1) f (xn) f (xn-1) - k h²   .

Durch Addition der  n  Ungleichungen  (2)  bis  (n+1)  folgt
f (x1) + f (x2) + . . . + f (xn) f (x0) + f (x1) + . . . + f (xn-1) - n · k h²
und daraus
f (v) f (u) - n k h²
und weiter
f (v) f (u) - k ( v - u )²
       n
  .
Hieraus ergibt sich nach einer Folgerung aus dem Archimedischen Axiom

              f (v) f (u)   bzw.   f (u) f (v)   ,

womit der Beweis beendet ist.

Entsprechend kann man
       Satz 3*   ( Globaler Monotoniesatz )
Wenn  f '  0   in  I  ist, dann ist  f  in  I  monoton fallend.

beweisen. Man kann Satz 3* aber auch leicht auf Satz 3 zurückführen:
      Wenn  f ' 0   , dann   - f ' = ( - f ) ' 0   .
Also ist nach Satz 3 die Funktion ( - f ) monoton steigend in  I , also die Funktion  f  monoton fallend in  I .

Man weiß, dass die Ableitung einer konstanten Funktion Null ist. Jetzt kann auch die Umkehrung bewiesen werden:
      Ist nämlich   f ' = 0   in  I   , so ist   f ' 0   und   f ' 0 in  I .
Daher ist  f  in  I  monoton fallend und steigend, also konstant.
Damit ist bewiesen worden:
 
       Satz 4   Wenn  f '  = 0   in  I , dann ist  f  in  I  eine konstante Funktion.

Für Anwendungen ist häufig folgende Verschärfung von Satz 3 von Interesse:

       Satz 3**   Wenn  f '  > 0   in  ] a | b [ , und f ' (a) 0   und   f ' (b) 0  ,
dann ist  f  in  [ a | b ]  streng monoton steigend.

Beweis:
Zunächst folgt nach Satz 3, dass  f  in  [ a | b ]  monoton steigt.
Es sei also   u < v   in  [ a | b ] .
Dann ist also
        f (u) f (v)   .
Wäre nun   f (u) = f (v)   , so wären über  [ u | v ]  alle Funktionswerte mit der Ableitung   f ' = 0   in  [ u | v ]  im Widerspruch zur Voraussetzung.

Natürlich gilt auch der zu Satz 3** duale Satz.

 
Beispiele:

  1. Wo steigt (fällt) die Kurve der Funktion   y = x³ - 12 x = f (x)   ?
    Lösung:     y ' = 3 x² - 12 = 3 ( x² - 4 )
    Wir veranschaulichen das Vorzeichen von  y '  über einem Zahlenstrahl. ( - 2 ) und  2  sind Nullstellen von  y ' .

    Zahlenstrahl
    y = x³ - 12 x

     

    f  steigt also streng monoton von  -   bis  - 2 , fällt streng monoton zwischen  - 2  und  + 2  und steigt wieder streng monoton rechts von  2 .
    Mit diesen Ergebnissen kann man den Verlauf der Kurve skizzieren.
     

  2. Die Funktion  f :
      f (x) = x +  1
    x
      für   x > 0       hat die Ableitung  
      f ' (x) = 1 -  1
     .
    f ' (x) < 0   in   ] 0 | 1 [     f   fällt über   ] 0 | 1 [   }     2   ist der kleinste
    Funktionswert
    f ' (x) > 0   in   ] 1 | [     f   steigt über   ] 1 | [

Die Monotoniesätze haben eine große Bedeutung, weil sie den Schluss von   f '   auf   f   gestatten.

Die Monotoniesätze und die Beispiele legen nahe, die sog. Vorzeichenfunktion (Signum-Funktion) einzuführen.

            sign x = { 1     für   x > 0       ( kurz: + )     Graph von sign x
0 für   x = 0  
- 1 für   x < 0   ( kurz: - )

 
" f  steigt bei  a  und  f (a) = 0 " bedeutet " f wechselt bei  a  das Vorzeichen von  - nach + "
und analog
 f  fällt bei  a  und  f (a) = 0  f  wechselt bei  a  das Vorzeichen von  + nach -  .

Aufgaben zu 7.

Die Aufgabe 7 enthält in ihren beiden Teilen den Beweis des Schrankensatzes.
 
       Satz 5   Schrankensatz
Wenn  m  f ' M und  u, v I  und  u < v ,
dann  m ( v - u ) f (v) - f (u) M ( v - u )   .

Für  u v  ist die Ungleichungskette äquivalent zu
      m f (v) - f (u)
    v - u
  M
Im Worten besagt also der Schrankensatz:
Wenn Tangentensteigungen zwischen  m und M  liegen, so auch alle Sekantensteigungen. Der Schrankensatz erweist sich als der bedeutendste Satz der Differiential- und Integralrechnung.

 

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