netSCHOOL Denken, Lernen, Selbstlernen

  Denken, Lernen, Selbstlernen

I N H A L T
  D. Goleman, "Emotionale Intelligenz" 
Der Sitz jeder Leidenschaft        Der emotionale Wächter
Der neurale Stolperdraht Können Emotionen intelligent sein?
 

aus: D. Goleman,  "Emotionale Intelligenz", DTV, München, 1997 (S. 64ff)

 
Der Sitz jeder Leidenschaft
    Mandelkern

Ein visuelles Signal gelangt von der Retina zuerst zum Thalamus, wo es in die Sprache des Gehirns übersetzt wird. Der größte Teil der Botschaft geht dann zum visuellen Kortex, wo diese analysiert und auf ihre Bedeutung und Reaktionsangemessenheit hin abgeschätzt wird. Ist diese Reaktion emotional, dann läuft ein Signal zum Mandelkern und aktiviert die emotionalen Zentren. Ein kleinerer Anteil des ursprünglichen Signals gelangt aber vom Thalamus direkt zum Mandelkern. Diese Transmission erfolgt schneller und erlaubt eine raschere (wenn auch weniger genaue) Reaktion. Auf diese Weise kann der Mandelkern eine Reaktion auslösen, noch bevor die kortikalen Zentren ganz verstanden haben, was vor sich geht.

Beim Menschen ist der Mandelkern, auch Amygdala genannt (vom griechischen Wort für »Mandel«), ein mandelförmiges Gebilde oberhalb des Hirnstammes, nahe an der Unterseite des limbischen Ringes. Wir besitzen zwei Mandelkerne, je einen in jeder Hirnhälfte, zur Seite des Kopfes hin gelegen. Beim Menschen ist der Mandelkern Im Vergleich zu unseren engsten evolutionären Verwandten, den Primaten, unverhältnismäßig groß.

Der Hippocampus und der Mandelkern waren die beiden entscheidenden Teile des primitiven »Riechhirns«, aus denen in der Evolution der Kortex und der Neokortex hervorgingen. Lernen und Erinnern sind bis heute weitgehend oder überwiegend auf diese beiden Strukturen angewiesen; der Mandelkern ist der Spezialist für emotionale Angelegenheiten. Wird der Mandelkern vom übrigen Gehirn abgetrennt, kommt es zu einer verblüffenden Unfähigkeit, die emotionale Bedeutung von Ereignissen zu erfassen; man spricht dann von »Affektblindheit«.

Begegnungen verlieren, da sie keine emotionale Bedeutung mehr haben, ihre Grundlage. Ein junger Mann, dessen Mandelkern operativ entfernt worden war, um schwere Epilepsieanfälle zu unterbinden, verlor jegliches Interesse an Menschen und blieb lieber für sich allein. Er konnte durchaus ein Gespräch führen, aber enge Freunde, Verwandte und sogar seine Mutter erkannte er nicht mehr, und ihr Schmerz über seine Teilnahmslosigkeit berührte ihn nicht. Mit dem Mandelkern schien ihm das Erkennen von Gefühlen und jedes Gefühl für Gefühle abhanden gekommen zu sein. Der Mandelkern scheint als Speicher der emotionalen Erinnerung und damit der Sinngebung von Emotionen zu fungieren; ein Leben ohne Mandelkern ist ein Leben ohne persönliche Sinngehalte.

Am Mandelkern hängt nicht nur die Zuneigung - jegliche Leidenschaft hängt von ihm ab. Tiere, bei denen der Mandelkern entfernt oder abgetrennt wurde, kennen weder Furcht noch Wut, verlieren den Antrieb für Wettbewerb und Kooperation und erkennen nicht mehr ihre Stellung innerhalb der sozialen Ordnung ihrer Art. Ihre Emotionen sind matt oder fehlen ganz. Tränen, ein nur beim Menschen vorkommendes emotionales Signal, werden vom Mandelkern und einer benachbarten Struktur, dem Gyrus cinguli, ausgelöst; wird man in den Arm genommen, gestreichelt oder auf andere Weise getröstet, so werden diese Hirnregionen beruhigt, und das Weinen hört auf. Ohne Mandelkern gibt es keine Tränen, die man trocknen könnte.


Der neurale Stolperdraht

Der Begriff der emotionalen Intelligenz bezieht sich vor allem auf jene Momente gefühlsmäßigen Handelns, die wir später bereuen, wenn sich die Aufregung gelegt hat; die Frage ist dann, weshalb wir so unvernünftig haben handeln können. Betrachten wir zum Beispiel den Fall der jungen Frau, die zwei Stunden Fahrt auf sich nahm, um mit ihrem Freund einen Brunch einzunehmen und den Tag mit ihm in Boston zu verbringen. Beim Brunch überreichte er ihr ein Geschenk, nach dem sie sich monatelang gesehnt hatte, einen schwer aufzutreibenden Kunstdruck, den er aus Spanien mitgebracht hatte. Doch die Freude verging ihr, als sie vorschlug, nach dem Brunch in eine Matineevorstellung eines Films zu gehen, den sie gern gesehen hätte. Ihr Freund verblüffte sie mit der Erklärung, er könne den Tag nicht mit ihr verbringen, weil er zum Softballtraining müsse. Fassungslos und gekränkt erhob sie sich, Tränen in den Augen, verließ das Cafe und warf, einem Impuls folgend, die Druckgraphik in einen Mülleimer. Als sie Monate später von dem Vorfall erzählt, bedauert sie nicht, dass sie gegangen ist, sondern dass sie die Graphik weggeworfen hat.

In solchen Momenten, wenn das impulsive Gefühl das rationale Denken verdrängt, hängt alles von der jetzt entdeckten Rolle des Mandelkerns ab. Die neuen Erkenntnisse schreiben dem Mandelkern eine einflussreiche Stellung im Seelenleben zu; er ist so etwas wie ein psychologischer Wachtposten, der jede Sekunde der Erfahrung, jede Situation, jede Wahrnehmung kritisch prüft, der aber nur eine Frage im Sinn hat, die allerprimitivste: »Ist das etwas, das ich nicht ausstehen kann, das mich kränkt, das ich fürchte?« Falls ja, reagiert der Mandelkern augenblicklich, wie ein neuraler Stolperdraht, und schickt eine Krisenbotschaft an alle Teile des Gehirns.

Joseph LeDoux, Neurowissenschaftler am Center for Neural Science der New York University, hat diese Stolperdrahtfunktion des Mandelkerns als erster entdeckt. LeDoux arbeitet, wie viele Neurowissenschaftler, auf mehreren Ebenen; so untersucht er zum Beispiel, wie bestimmte Läsionen im Gehirn einer Ratte sich auf deren Verhalten auswirken; sorgfältig geht er dem Verlauf einzelner Neurone nach; in komplizierten Experimenten konditioniert er Furcht bei Ratten, deren Gehirn operativ verändert wurde. Seine und andere, hier besprochene Entdeckungen sind neurowissenschaftliches Neuland und daher noch ein wenig spekulativ, besonders die Implikationen, die sich aus den rohen Daten für das Verständnis unseres Gefühlslebens zu ergeben scheinen. Doch die Erkenntnisse anderer Neurowissenschaftler, die ständig daran arbeiten, die neuralen Grundlagen der Emotionen aufzudecken, zielen in die gleiche Richtung wie die Forschungen von LeDoux.

Diese neuen Erkenntnisse über die Schaltungen der Emotion räumen auf mit der alten Vorstellung über das limbische System, die dem Mandelkern eine zentrale Rolle im emotionalen Gehirn zuschrieb und anderen limbischen Strukturen völlig andere Aufgaben zuwies.Wie LeDoux und andere Neurowissenschaftler herausgefunden haben, ist der Hippocampus, der lange als das wichtigste Gebilde des limbischen Systems galt, mehr damit beschäftigt, Wahrnehmungsmuster zu registrieren und zu deuten, als mit emotionalen Reaktionen. Die Hauptleistung des Hippocampus besteht, wie LeDoux herausfand, darin, ein eindeutiges Kontextgedächtnis beizusteuern, was für die emotionale Bedeutung weitreichende Folgen hat; der Hippocampus erkennt zum Beispiel, dass ein Bär im Zoo etwas anderes bedeutet als ein Bär in Ihrem Hinterhof. Um LeDoux zu zitieren: »Der Hippocampus ist entscheidend dafür, dass Sie ein Gesicht als das Ihrer Cousine erkennen. Es ist der Mandelkern, der dann hinzufügt, dass Sie sie eigentlich nicht mögen.«

Der Mandelkern ist ein Speicher für primitive emotionale Erinnerungen und Lektionen, während der Hippocampus zusammen mit Teilen des Kortex die Tatsachen und Details unseres Lebens speichert. Wenn wir bei einem Überholmanöver auf einer zweispurigen Landstraße nur knapp einem Frontalzusammenstoß entgehen, ist es der Hippocampus, der sich die Einzelheiten des Vorfalls merkt, etwa, auf welchem Straßenabschnitt wir uns befanden, wer mit uns fuhr, wie das andere Auto aussah. Es ist jedoch der Mandelkern, der fortan jedes Mal, wenn wir unter ähnlichen Umständen ein Auto zu überholen versuchen, eine Woge der Angst durch unseren Körper jagt. Mit anderen Worten: Der Hippocampus merkt sich die nüchternen Fakten, während der Mandelkern sich an den emotionalen Beigeschmack erinnert, der diesen Fakten anhaftet.


Der emotionaleWächter

Ein Freund erzählte mir von seinem Urlaub in England. In einem Cafe, das an einem Kanal lag, hatte er gefrühstückt und war anschließend auf der Treppe entlangspaziert, die zum Kanal hinunterführte. Plötzlich sah er ein Mädchen, das, starr vor Angst, ins Wasser schaute. Ehe er recht wusste, warum, sprang er - mit Anzug und Krawatte - ins Wasser. Erst im Wasser wurde ihm bewusst, dass das Mädchen verängstigt nach einem Kleinkind starrte, das hineingefallen war; er konnte es retten.

Was ließ ihn ins Wasser springen, ehe er wusste, warum? Es war sehr wahrscheinlich sein Mandelkern.

LeDoux - und das zählt zu den bedeutendsten Entdeckungen, die in den letzten zehn Jahren bezüglich der Emotionen gemacht wurden klärte darüber auf, dass der Mandelkern im Aufbau des Gehirns eine Vorzugsstellung als emotionaler Wachtposten einnimmt. Seine Forschungen haben ergeben, dass sensorische Signale vom Auge oder vom Ohr im Gehirn zunächst zum Thalamus wandern und von dort über eine einzige Synapse zum Mandelkern; vom Thalamus wird ein zusätzliches Signal zum Neokortex, dem denkenden Gehirn, entsandt. Diese Verzweigung erlaubt es dem Mandelkern, vor dem Neokortex zu reagieren, der die Information auf mehreren Ebenen zerebraler Schaltungen verarbeitet, ehe er die Dinge vollständig wahrgenommen hat und endlich seine feiner zugeschnittene Reaktion einleitet.

Die Untersuchung von LeDoux revolutioniert unser Verständnis des Gefühlslebens, weil sie neurale Bahnen für Gefühle aufgedeckt hat, die den Neokortex umgehen. Es sind unsere primitivsten und stärksten Gefühle, die den direkten Weg über den Mandelkern nehmen; etliche der besonderen Merkmale des emotionalen Gehirns, die wir im ersten Kapitel besprochen haben, werden durch diese Bahnung verständlich.

Nach der in der Neurowissenschaft bislang gängigen Auffassung senden das Auge, das Ohr und andere Sinnesorgane Signale zum Thalamus und von dort zu den sensorischen Verarbeitungsbereichen des Neokortex, wo die Signale zu den Objekten zusammengefügt werden, die wir wahrnehmen. Die Signale werden auf ihre Bedeutung hin analysiert, und so erkennt das Gehirn, mit was für einem Objekt es zu tun hat und was sein Vorhandensein zu bedeuten hat. Nach dieser alten Auffassung schickt der Neokortex die Signale zum limbischen Gehirn, und von dort werden die entsprechenden Reaktionen an Gehirn und Körper ausgeschickt. Dies ist der übliche Ablauf. LeDoux entdeckte jedoch ein kleineres Bündel von Neuronen, die vom Thalamus direkt zum Mandelkern verlaufen, zusätzlich zu jenen, die den längeren Weg zum Kortex nehmen. Diese kleinere und kürzere Bahn - so etwas wie ein neurales Seitengässchen - erlaubt es dem Mandelkern, Inputs direkt von den Sinnesorganen zu empfangen und eine Reaktion einzuleiten, bevor sie vom Neokortex vollständig registriert sind.

Diese Entdeckung wirft die Vorstellung über den Haufen, wonach der Mandelkern völlig auf Signale vom Neokortex angewiesen ist, um seine emotionalen Reaktionen zu formulieren. Der Mandelkern kann über diesen Fluchtweg schon eine emotionale Reaktion auslösen während zwischen Mandelkern und Neokortex noch Signale hin und her gehen. Der Mandelkern kann uns zum Handeln veranlassen, während der langsamere, aber vollständiger informierte Neokortex noch damit beschäftigt ist, seinen verfeinerten Plan für eine Reaktion aufzustellen.

Die Erkenntnisse, die die gängige Ansicht über die Bahnen der Emotionen umstießen, gewann LeDoux durch Experimente mit Tieren. Ratten, deren Hörrinde zerstört worden war, wurden einem Ton und zugleich einem Stromstoß ausgesetzt. Die Ratten lernten rasch, den Ton zu fürchten, obwohl ihr Neokortex ihn gar nicht registrieren konnte. Der Ton nahm den direkten Weg vom Ohr über den Thalamus zum Mandelkern und ließ alle höheren Zentren aus. Die Ratten erlernten also eine emotionale Reaktion, ohne dass höhere Kortexbereiche beteiligt gewesen wären. Es war der Mandelkern, der eigenständig wahrnahm, erinnerte und ihre Furchtreaktion veranlasste.

»Ohne irgendeine bewusste, kognitive Beteiligung können emotionale Reaktionen und emotionale Erinnerungen entstehen«, erklärte mir LeDoux. »Das emotionale System kann anatomisch unabhängig vom Neokortex agieren.« Der Mandelkern kann Erinnerungen und Reaktionsmuster enthalten, die wir umsetzen, ohne recht zu wissen, warum, weil die Abkürzung vom Thalamus zum Mandelkern den Neokortex völlig übergeht. Deshalb kann der Mandelkern emotionale Eindrücke und Erinnerungen bewahren, von denen wir nie bewusst Kenntnis genommen haben. Die versteckte Rolle des Mandelkerns beim Erinnern, meint LeDoux, erklärt zum Beispiel, warum die Teilnehmer an bestimmten Experimenten von Robert Zajonc eine Präferenz für seltsame geometrische Formen erwarben, die nur so kurz projiziert wurden, dass sie sich gar nicht erinnern konnten, sie je gesehen zu haben. »Ohne irgendeine bewusste, kognitive Beteiligung können emotionale Reaktionen und emotionale Erinnerungen entstehen, weil das emotionale System anatomisch unabhängig vom Neokortex agieren kann«, sagt LeDoux. »Es kommt zwar vor, dass emotionale Erinnerungen ins Bewusstsein gelangen, doch viele führen zu Handlungen, ohne dass wir uns ihrer bewusst erinnerten.«  (S. 32-38)

 
Können Emotionen intelligent sein?

Um zu verstehen, wie eine solche Ausbildung aussehen könnte, müssen wir uns anderen Theoretikern zuwenden, die sich intellektuell an Gardner orientieren, vor allem Peter Salovey, einem Psychologen aus Yale, der die Möglichkeiten, Intelligenz in unsere Emotionen hineinzubringen, in aller Ausführlichkeit untersucht hat.Das ist gar nichts Neues, denn im Laufe der Zeit haben selbst die eifrigsten IQ-Theoretiker hin und wieder versucht, die Emotionen in den Bereich der Intelligenz einzubeziehen, statt Gefühl und Intelligenz als absoluten Widerspruch aufzufassen. So meinte der bedeutende Psychologe E. L. Thorndike, der in den zwanziger und dreißiger Jahren selbst an der Popularisierung des IQ-Denkens mitgewirkt hat, in einem Artikel in "Harper's Magazine", dass ein Aspekt der emotionalen Intelligenz, die »soziale« Intelligenz, also die Fähigkeit, andere zu verstehen und »in menschlichen Beziehungen klug zu handeln«, ebenfalls ein Aspekt des IQ sei. Andere Psychologen hatten von der sozialen Intelligenz eine eher zynische Auffassung, verstanden sie darunter doch die Fähigkeit, andere zu manipulieren - sie dahin zu bringen, das zu tun, was man will, gleichgültig, ob sie es selber wünschen. Doch bei den Theoretikern des IQ fand keine dieser Formulierungen der sozialen Intelligenz Anklang, und 1960 erklärte ein bedeutendes Lehrbuch über Intelligenztests die soziale Intelligenz zu einem »nutzlosen« Konzept.

Doch über die personale Intelligenz konnte man nicht hinweggehen, vor allem, weil sie intuitiv einleuchtet und dem gesunden Menschenverstand entspricht. Robert Sternberg, ein anderer Yale-Psychologe, bat Probanden, einen »intelligenten Menschen« zu beschreiben, und zu den wichtigsten Merkmalen, die genannt wurden, zählte praktische Menschenkenntnis. Systematischere Untersuchungen ließen ihn zu Thorndikes Feststellung gelangen: dass soziale Intelligenz sich von den akademischen Fähigkeiten unterscheidet und wichtig dafür ist, dass man in den praktischen Dingen des Lebens gut zurechtkommt. Zu den Formen praktischer Intelligenz, die am Arbeitsplatz sehr geschätzt werden, gehört jene Art von Sensibilität, dank derer tüchtige Manager auch Unausgesprochenes erfassen - ein wichtiges Stück »Menschenkenntnis« am Arbeitsplatz.

In den letzten Jahren sind immer mehr Psychologen zu ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen wie Gardner: dass die alten IQ-Vorstellungen sich auf ein schmales Spektrum von sprachlichen und mathematischen Fähigkeiten beschränken und ein gutes Abschneiden beim IQ-Test am ehesten etwas über den künftigen Erfolg als Schüler oder als Professor aussagt, aber immer mehr an Aussagekraft verliert, je weiter sich die Lebenswege von der akademischen Welt entfernen. Diese Psychologen - zu ihnen gehören auch Sternberg und Salovey - fassen den Intelligenzbegriff weiter und versuchen das einzubeziehen, was man braucht, um ein gelungenes Leben zu führen. Auf diese Weise kommt man wieder zu der Erkenntnis, dass die »personale« oder emotionale Intelligenz entscheidend ist.

Salovey subsumiert Gardners Formen personaler Intelligenz unter seine grundlegende Definition von »emotionaler Intelligenz«, die diese Fähigkeiten in fünf Bereiche gliedert:

  1. Die eigenen Emotionen kennen. Selbstwahrnehmung - das Erkennen eines Gefühls, während es auftritt - ist die Grundlage der emotionalen Intelligenz. Wie wir im 4. Kapitel sehen werden, ist die Fähigkeit, seine Gefühle laufend zu beobachten, entscheidend für die psychologische Einsicht und das Verstehen seiner selbst. Wer die eigenen Gefühle nicht zu erkennen vermag, ist ihnen ausgeliefert. Wer sich seiner Gefühle sicherer ist, kommt besser durchs Leben, erfasst klarer, was er über persönliche Entscheidungen wirklich denkt, von der Wahl des Ehepartners bis zur Berufswahl.

  2. Emotionen handhaben. Gefühle so zu handhaben, dass sie angemessen sind, ist eine Fähigkeit, die auf der Selbstwahrnehmung aufbaut. Das 5. Kapitel befasst sich mit der Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen, Angst, Schwermut oder Gereiztheit, die einen beschleichen, abzuschütteln - und was geschieht, wenn man diese elementare emotionale Fähigkeit nicht beherrscht. Wer darin schwach ist, hat ständig mit bedrückenden Gefühlen zu kämpfen, wer darin gut ist, erholt sich sehr viel rascher von den Rückschlägen und Aufregungen des Lebens.

  3. Emotionen in die Tat umsetzen. Emotionen in den Dienst eines Ziels zu stellen, ist, wie das 6. Kapitel zeigen wird, wesentlich für unsere Aufmerksamkeit, für Selbstmotivation und Könnerschaft sowie für Kreativität. Emotionale Selbstbeherrschung - Gratifikationen hinausschieben und Impulsivität unterdrücken - ist die Grundlage jeder Art von Erfolg. Wer sich in den »fließenden« Zustand versetzen kann, ist zu herausragenden Leistungen jeglicher Art imstande. Was er auch unternimmt, er macht es produktiver und effektiver.

  4. Empathie. Zu wissen, was andere fühlen - eine weitere Fähigkeit, die auf der emotionalen Selbstwahrnehmung aufbaut - ist die Grundlage der Menschenkenntnis. Das 7. Kapitel untersucht die Wurzeln der Empathie, die sozialen Kosten des mangelnden Unterscheidungsvermögens zwischen verschiedenen Emotionen und die Gründe, warum Empathie Altruismus hervorruft. Wer einfühlsam ist, vernimmt eher die versteckten sozialen Signale, die einem anzeigen, was ein anderer braucht oder wünscht. Er wird in den Pf legeberufen, als Lehrer, Verkäufer oder Manager erfolgreicher sein.

  5. Umgang mit Beziehungen. Die Kunst der Beziehung besteht zum großen Teil in der Kunst, mit den Emotionen anderer umzugehen. Das 8. Kapitel ist der sozialen Kompetenz und Inkompetenz und den spezifischen Fähigkeiten gewidmet, um die es dabei geht. Sie sind die Grundlage von Beliebtheit, Führung und interpersonaler Effektivität. Diejenigen, die in diesen Fähigkeiten glänzen, sind erfolgreich in allem, was darauf beruht, reibungslos mit anderen zusammenzuarbeiten - sie sind »soziale Stars«.
Natürlich sind die Menschen nicht in jedem dieser Bereiche gleich gut; jemand mag zum Beispiel ganz geschickt mit der eigenen Angst umgehen können, aber ziemlich unfähig sein, die Aufregung eines anderen zu beschwichtigen. Das Niveau unserer Fähigkeit stützt sich ohne Zweifel auf eine neurale Grundlage, doch das Gehirn ist, wie wir sehen werden, von bemerkenswerter Plastizität und lernt ständig dazu. Mängel in den emotionalen Fähigkeiten lassen sich beheben: Diese Bereiche setzen sich weitgehend aus Gewohnheiten und Reaktionen zusammen, in denen man, wenn man sich nur rechte Mühe gibt, Fortschritte machen kann.

 

 zurück zu Denken, Lernen, Selbstlernen


E-Mail:   netSCHOOL Redaktion ; 2000