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Übersicht zur Literaturgeschichte aus "Standorte", Klett Verlag, 1993, S.268 - 288

Übersicht zur Literaturgeschichte:

Literarische Entwicklung zwischen 1918 und 1945

Aufarbeitung der Krise in Politik und Gesellschaft - Kabarett, Chanson und politische Satire - Essay - Neue Sachlichkeit, nüchterne Alltagssprache - Existenzphilosophie - Antikriegsliteratur - historischer und zeitkritischer Roman - Darstellung psychologischer Krisen
1918-1933 Weimarer Republik
9.11.1918 Ausrufung der Republik
6.2.1919 Nationalversammlung in Weimar
Reichspräsident Ebert
28.6.1919 Unterzeichnung des Friedensvertrags in Versailles
Gebietsverluste, hohe Reparationen, Einschränkungen im militärischen und zivilen Bereich, Kriegsschuldartikel 231
- Ablehnung in der deutschen Bevölkerung, rechtsradikale Propaganda: "Diktatfrieden" innenpolitische Radikalisierung:
26.8.1921 Ermordung Matthias Erzbergers
24.6.1922 Ermordung Walter Rathenaus
Januar 1923 frz. Besetzung des Ruhrgebiets: Ruhrkampf
Herbst 1923: Höhepunkt der Inflation in Deutschland
8./9.11.1923 Hitlerputsch in München
November 1923 "Wunder der Rentenmark", Überwindung der Inflation, wirtschaftliche Stabilisierung
1924 Dawes-Plan, Sicherung der dt. Zahlungsfähigkeit
26.4.1925 Hindenburg wird Reichspräsident ("Ersatz-kaiser")
Außenpolitische Stabilisierung (Stresemann-Briand)
1926 Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund
1929 Young-Plan, Festsetzung der dt. Reparationen bis 1988
Beginn der Weltwirtschaftskrise
ab 1930 Notverordnungen, Aufstieg der NSDAP, bürgerkriegsähnliche Straßenkämpfe
Wichtige Einflüsse und Entwicklungen:
In der Philosophie erneut Frage nach dem Sinn des Seins.
Existenzphilosophie: Martin Heidegger (1889-1976), u. a. Sein und Zeit (1927). Karl Jaspers (18 83-1969), u. a. Die geistige Situation der Zeit (1931). Selbst- und Seinsentfremdung des Menschen, Geworfensein ins Nichts.
Französischer Existentialismus: Jean-Paul Sartre (1905-80), u. a. Das Sein und das Nichts (1943); Bühnenstücke: u. a. Die Fliegen (1943), Geschlossene Gesellschaft (1944).
Albert Camus (1913-60): Der Mythos von Sisyphos - Ein Versuch über das Absurde (1942). Entscheidender Einfluss auf Philosophie und Literatur des 20. Jh.s: Soren Kierkegaard (1813-55), u. a.: Die Krankheit zum Tode (1849). Angst: Grundbefindlichkeit menschlicher Existenz, Einsamkeit und Tragik des Menschseins.

In der Bildenden Kunst und Architektur Überwindung des Expressionismus: Neue Sachlichkeit (als Begriff auch auf die Literatur übertragen), Bauhaus-Tradition: "funktionale Ästhetik"
Wohn- und Industriebau, Stadtplanung (Gropius, Le Corbusier, Mies van der Rohe).
In der Musik radikaler Bruch mit der traditionellen Tonalität-durch Arnold Schönberg (1874-1951): Zwölftonmusik.

Im Bereich von Theater und Schauspielkunst Veränderungen durch Psychologisierung und Politisierung: Konstantin Sergejewitsch Stanislawski (1863-1938), russ. Schauspieler, Theaterregisseur und -wissenschaftler, Psychologie der Bühnenfigur, Konzentration auf die dramatische Idee, die "Überaufgabe" des Stückes -entscheidender Einfluss bis heute.
Entsprechend Bertolt Brechts "episches Theater"
Überwindung der Illusionsbühne, Lehrtheater als politisch-gesellschaftlicher Appell, Verfremdungseffekt.
Agitationstheater (Agitprop) bei Erwin Piscator.
Entstehung von politischem Kabarett.
Rationalisierung durch technische Neuerungen, Automatisierung, Rundfunk (Propagandamittel), Grammophon.
Erschütterung durch das Versagen bürgerlicher liberaler Demokratie und idealistischer Kultur in zwei Weltkriegen und der menschenverachtenden nationalsozialistischen Diktatur. Folge: äußere und innere Emigration.
1918 - 1945   Exilliteratur - Literatur als Waffe gegen den Nationalsozialismus einerseits, neue ästhetische Formprinzipien andererseits - Lehrtheater - Parabel
1932 6 Millionen Arbeitslose
30.1.1933 Berufung Hitlers zum Reichskanzler
27.2.1933 Reichstagsbrand, erste Verhaftungswelle
24.3.1933 Ermächtigungsgesetz, Beginn der Gleichschaltungspolitik
10.5.1933 Bücherverbrennung
Beginn der Verfolgung kritischer Intellektueller und jüdischer Künstler
Emigrationswelle
September 1935 Nürnberger Gesetze gegen die Juden
13.3.1938 Anschluss Österreichs
1.10.1938 Einmarsch in das Sudetenland
Gesetz zur Beschlagnahmung "entarteter Kunst"
9.11.1938 Pogrome gegen Juden, "Reichskristallnacht"
1.9.1939 Beginn des Zweiten Weltkriegs, Überfall auf Polen
Juni 1941 Angriff auf die UdSSR
1942 Richtlinien für die"Endlösung" der Judenfrage -
Beginn der planmäßigen Vernichtung
Nov. 1942 bis Februar 1943: Katastrophe von Stalingrad: Kriegswende
6.6.1944 Landung der Alliierten in der Normandie
20.7.1944 gescheitertes Attentat auf Hitler
Verstärktes Bombardement deutscher Städte, Höhepunkt:
Februar 1945: Dresden (60 000 Tote)
8.5.1945 bedingungslose Kapitulation der dt. Wehrmacht
Gesamtverlust: 55 Mio. Tote, darunter fast 5 Mio. Deutsche, 20 Mio. Bürger der UdSSR
Heinrich Mann (1871-1950): Professor Unrat (1905), Trilogie: Das Kaiserreich (1918-25), darin: Der Untertan (1918). Roman: Henri Quatre (1935 und 38). Autobiographie: Ein Zeitalter wird besichtigt (1945).

Thomas Mann (1875-1955), u. a. Novellen: Tonio Kröger (1903), Der Tod in Venedig (1912).
Romane: Buddenbrooks (1901), Der Zauberberg (1924), Joseph und seine Brüder (1933-43), Doktor Faustus (1947). Hauptthema: Künstler - Bürger, Ende der abendländisch-bürgerlichen Kultur.

Hermann Hesse (1877-1962), Romane: Siddharta (1922), Der Stepppenwolf (1927), Das Glasperlenspiel (1943), Novelle: Unterrn Rad (1905).

Robert Musil
(1880-1942), Romane: Die Verwirrungen des Zöglings Törless (1906), Der Mann ohne Eigenschaften (1930-43: exakte Zeitdiagnose).

Stefan Zweig (1881-1942), Novellen, Autobiographie: Die Welt von gestern (1943).
Lion Feuchtwanger (1884-1958), Romane: u.a. Jud Süß (1925), Die Geschwister Oppermann (1933).

Kurt Tucholsky (1890-1935), politischer Schriftsteller und Journalist, politische Essays und Lyrik.
Romane: Rheinsberg (1912), Schloss Gripsholm (1931).
Satirische Sammlung: Deutschland, Deutschland über alles (1929).

Hans Fallada
(1893-1947), u.a. Romane: Kleiner Mann - was nun? (1933), Wolf unter Wölfen (1937).

Carl Zuckmayer (1896-1977), Schauspiele: Der Hauptmann von Köpenick (1930), Des Teufels General (1946).

Bertolt Brecht (1898-1956), Lyrik: Hauspostille (1927). Die Dreigroschenoper (1928). Schauspiele: Die heilige Johanna der Schlachthöfe (1930), Die Gewehre der Frau Carrar (1937), Furcht und Elend des Dritten Reiches (1938), Leben des Galilei (1939-57), Der gute Mensch von Sezuan (1943).

Erich Kästner (1899-1974), Satiriker und Moralist, kabarettistische Texte, Roman: Fabian (1931), Kinderbuchautor.

Ödön von Horväth
(1901-38), Stücke: Italienische Nacht (1931), Geschichten aus dem Wienerwald (1931), Kasimir und Karoline (1932). Roman: Jugend ohne Gott (1937).

Übersicht zur Literaturgeschichte:

Deutschsprachige Literatur 1945 - 1990 (Ost)

Staatliche Definition und Kontrolle der Kunst - politisch-agitatorischer Auftrag des Schriftstellers - Sozialistischer Realismus - positiver Held - Bitterfelder Weg: schreibende Arbeiter - Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit - Lehrstücke
1947 Erster (gesamt)deutscher Schriftstellerkongreß in Berlin
7.10.1949 Gründung der DDR

1950 Gründung des DDR-Schriftstellerverbandes
17.6.1953 Aufstand in der DDR, Niederschlagung
28.1.1956 Eintritt der DDR in den Warschauer Pakt

Oktober 1956 Aufstand in Ungarn, Niederschlagung
1958 V. Parteitag der SED proklamiert die "sozialistische Kulturrevolution"

1959 Erste Bitterfelder Konferenz
13.8.1961 Bau der Mauer in Berlin
Programm für eine "sozialistische Nationalliteratur" in der DDR
1963 VI. Parteitag der SED: Neues ökonomisches System
1964 Zweite Bitterfelder Konferenz
Staatlich gesteuerte Kulturpolitik, rigide Aufsicht. Aufgabe der Kunst: Vermittlung des Sozialismus. Einige Emigranten kehren in die damalige SBZ zurück, u. a. Johannes R. Becher, Bertolt Brecht, Stephan Hermlin, Stefan Heym, Peter Huchel, Anna Seghers, Friedrich Wolf, Arnold Zweig.
Anna Seghers (1900-83): Das siebte Kreuz (Roman, 1939-42), Erzählungen: u. a. Der Ausflug der toten Mädchen (1946). Epochenchronik: Die Toten bleiben jung (1949).
1. Phase 1949-1961: Aufbau des Sozialismus
Gestaltungsprinzip: Sozialistischer Realismus; Aufbauromane.
Gründung des Brecht-Ensembles in Ost-Berlin im Herbst 1949.
1953-56: Kurze Phase der Entspannung als Reaktion auf die Aufstände und die Entstalinisierung.
Heiner Müller: Der Lohndrücker (1956; Kritik der Aktivistenbewegung).
Stefan Heym: Fünf Tage im Juni (Roman: Auseinandersetzung mit dem 17. Juni 1953, durfte in der DDR nicht erscheinen).
Sogenannter Bitterfelder Weg: Entfremdung zwischen Künstler und Volk soll überwunden werden, Proklamation des schreibenden Arbeiters.
2. Phase 1961-1971: Ankunft im Sozialismus. Individueller Stil, vorsichtige Kritik
Programmatischer Titel: Brigitte Reimann (1933-73): Ankunft im Alltag (des Sozialismus) (Roman, 1961).
Heiner Müller (*1929): Der Bau (Schauspiel, 1964: Probleme bei der Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit).
Peter Hacks (*1928): Moritz Tassow (Schauspiel, 1961: Bodenreform).
Erwin Strittmatter (1912): Ole Bienkopp (Roman, 1963: Entwicklung sozialistischer Produktionsweise und eines sozialistischen Bewußtseins).
Christa Wolf (*1929): Der geteilte Himmel (Erzählung, 1963: Teilung Deutschlands, Situation kurz vor dem Mauerbau).
Hermann Kant (*1926): Die Aula (Roman, 1965: Studenten nach 1945 an der"Arbeiter- und-Bauern-Fakultät").
Erik Neutsch (*1931): Spur der Steine (Roman, 1964: Aufbau des Sozialismus in der Stadt).
Johannes Bobrowski (1917-65): Levins Mühle (Roman, 1964). Mäusefest u. a. Erzählungen (1965). Litauische Klaviere (Roman, 1966: Versöhnung mit dem europäischen Osten). Lyrik.
Lyriker: Günter Kunert (1929), Sarah Kirsch (*DM), Karl Micke (*1935).
Liedermacher Wolf Biermann (*1936): Die Drahtharfe (1965) sowie weitere Werke erscheinen wegen des kritischen Inhalts nicht in der DDR.
1945 - 1990 (Ost) Harter Kurs ab 1965 - Entfaltung der sozialistischen Nationalkultur - postrevolutionäre Situation -individuellere Themenstellung - Ausbürgerung Biermanns als Signalwirkung - Friedensbewegung
1965 II. Plenum des ZK der SED beschließt harten Kurs
1967 VII. Parteitag der SED beschließt "entwickeltes System des Sozialismus"
1968 Prager Frühling, Intervention des Warschauer Pakts
seit 1970 Anerkennung der DDR durch zahlreiche Staaten
1970 Kritik des Schriftstellerverbandes an Christa Wolf und Reiner Kunze
Neue Verfassung der DDR
1971 Erich Honecker löst Walter Ulbricht als "Erster Sekretär" ab
1973 Abschied vom Bitterfelder Weg
1976 Ausbürgerung Wolf Biermanns
1979 Ausschluß von 7 Mitgliedern aus dem Schriftstellerverband (u. a. Rolf Schneider, Günter Kunert)
seit 1984 zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten
seit 1985 Distanz der "harten" DDR-Führung zu Gorbatschow
ab August 1989 Massenflucht
7.10.-9.11.1989 gewaltlose Demonstrationen u. a. in Leipzig
9.11.1989 Öffnung der Mauer in Berlin
1.7.1990 Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion
3.10.1990 Wiedervereinigung Deutschlands
Harter Kurs ab 1965: Entfaltung sozialistischer Nationalkultur
Öffentlicher Tadel für Autoren wie Wolf Biermann, Peter Hacks, Stefan Heym, Günter Kunert, Sarah Kirsch, Heiner Müller wegen "Ideologie des bürgerlichen Skeptizismus".
Jurek Becker (*1937): Jakob der Lügner (Roman, 1968: Überleben im Warschauer Ghetto).
Günter de Bruyn (*1926): Buridans Esel (Erzählung, 1968: menschliche Unzulänglichkeiten im Alltag).
Stefan Heynt (*1913): Die Schmähschrift oder Königin gegen Defoe (1970, nicht in der DDR: Schriftsteller in der Diktatur).
Christa Wolf (*1929): Nachdenken über Christa T. (Roman, 1968: "Nichtankommen" im Sozialismus).
Volker Braun (*1939): Die Kipper (Schauspiel, 1966/67/72: Der einzelne und das Kollektiv).
3. Phase ab 1971: "Postrevolutionäre Situation"
Nach Ende der Ära Ulbricht (1971) gewisse Spielräume für Kunst und Literatur
Ulrich Plenzdorf (*1934): Die neuen Leiden desjungen W. (Erzählung und Theaterfassung, 1972). Die Legende von Paul und Paula (Filmerzählung, 1974).
Stefan Heym:
Der König-David-Bericht (Roman, 1973: Legitimität staatlicher Macht).
Volker Braun: Hinze und Kunze (Schauspiel, 1973: Kritik an der sozialistischen Produktionsweise). Irmtraud Morgner (1933-90): Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz (Roman, 1974: Stellung der Frau).
BrigitteReimann: Franziska Linkerhand (Roman, 1974: berufstätige Frau in der sozialistischen Gesellschaft).
Volker Braun: Unvollendete Geschichte (Erzählung, 1975: Grundsätzliche Zweifel junger Menschen an der "Vätergeneration" der DDR).
4. Phase: Verschärfung nach der Ausbürgerung Biermanns - zwischen Auswanderung, Anpassung und Kritik
Übersiedlung u. a. von Jurek Becker, Sarah Kirsch, Günter Kunert, Reiner Kunze, Erich Loest, Rolf Schneider.
Reiner Kunze (*1933): Die wunderbaren Jahre (Prosasammlung, 1976: Leiden der Jugend an der DDR).
Heiner Müller: Germania Tod in Berlin (Schauspiel, 1976: Gegenüberstellung von Szenen zwischen 1919 und 1945 und aus dem Alltag der DDR. Reflexion historischer Stoffe).
Christa Wolf.- Kindheitsmuster (Roman, 1976: Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit). Kassandra (Erzählung, 1983: Was macht Menschen zu kriegsbereiten "Helden"?). Jurek Becker: Schlaflose Tage (Roman, 1978),
Erich Loest (*1926):
Es geht seinen Gang oder Mühen in unsere Ebene (Roman, 1978: Alltägliches Leben in der DDR). Durch die Erde ein Riß (Autobiographie, 1981),
Monika Maron(*1941):
Flugasche (Roman, 1981: postrevolutionäre Zweifel am Sozialismus).
Günter de Bruyn: Märkische Forschungen (Erzählung, 1978: Suche nach geschichtlicher Wahrheit).
Stefan Heym: Collin (Roman, 1979: Schuldhaftes Versagen der "Vätergeneration" in der DDR). Ahasver (Roman, 1981: Der wandernde Jude als satirischer Beobachter von Vergangenheit und Jetzt).

Übersicht zur Literaturgeschichte:

Deutschsprachige Literatur 1945 - 1990 (West)

Kalter Krieg - Teilung Deutschlands - politisches Engagement von Schriftstellern für eine demokratische, liberale Politik - Kriegs- und Nachkriegsthematik - Trümmerliteratur - Kritik an der Wohlstandsgesellschaft
Kurzgeschichte - Parabel - Groteske
1945 Potsdamer Konferenz:
Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen, Aufteilung Berlins in 4 Sektoren
Flüchtlingsströme aus den Gebieten jenseits von Oder und Neiße
1945/46 Nürnberger Prozesse

1946 Erste Sitzung der UNO
ab 1947 Marshall-Plan
Beginn des Kalten Krieges (Ost-West-Konfrontation)
1948/49 Blockade Berlins durch die Sowjets (Grund: Währungsreform)
23.5.1949 Grundgesetz,
Gründung der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer

1949-63 Bundeskanzler, Adenauerzeit

1955 Ratifizierung des Deutschlandvertrages (Aufbebung des Besatzungsstatuts durch die Westalliierten)
Eintritt der Bundesrepublik in die NATO
November 1958 Zuspitzung der Ost-West-Konfrontation durch Chrustschow-Ultimatum
13.8.1961 Bau der Mauer in Berlin
Wichtige Einflüsse und Entwicklungen:
Erfahrungen aus Existenzphilosophie, Psychoanalyse, Surrealismus, Neigung zum chiffrierten Text. Einbezichung von Erfahrungen aus Industrie und Technik.
Max Horkheimer l Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung (1944).
Arnold Gehlen: Die Seele im technischen Zeitalter (1949/57).
Helmut Schelsky: Die skeptische Generation (1957).
Carl Friedrich von Weizsäcker: Die Verantwortung des Wissenschaftlers im Atomzeitalter (1957).
Robert Jungk: Heller als 1000 Sonnen (1957).
Einfluß ausländischer, vor allem amerikanischer Prosa (z. B. Ernest Hemingway, short story). Entscheidende Wirkung Franz Kafkas: alogische Überschneidung von Raum und Zeit.

1. Phase 1945-1950: Trümmerliteratur
Kriegs- und Heimkehrerliteratur, Todeserinnerung, Sprachlosigkeit, Trümmersprache.
Heinrich Böll (1917-85), Erzählungen: Der Zug war pünktlich (1949), Wanderer, kommst du nach Spa (1950). Roman: Wo warst du, Adam (1951).
Wolfgang Borchert (1921-47), Heimkehrerstück: Draußen vor der Tür (1947) wird zum Spiegelbild einer "verlorenen Generation"; Kurzgeschichten, u. a. Nachts schlafen die Ratten doch.
Wolfdietrich Schnurre (1920-88), Erzählungen: u.a. Die Rohrdommel ruft jeden Tag (1950).
Zusammenschluß engagierter Autoren zur Gruppe 47 (Hans Werner Richter [*1908], Ilse Aichinger [*19211, Alfred Andersch [1914-80], Ingeborg Bachmann [1926-73], Heinrich Böll, Günter Eich [1907-72], Paul Celan [1920-70], Wolfgang Hildesheimer [1916-91], Walter Jens [*1923], Wolfdietrich Schnurre, Wolfgang Koeppen [*1906], Martin Walser [*1927] u. a.).

2. Phase 1950er Jahre: Kritik an der Wohlstandsgesellschaft
Martin Walser: Halbzeit (Roman, 1960).
Friedrich Dürrenmatt (1921-90): Der Besuch der alten Dame (Schauspiel, 1956).
Heinrich Böll: Doktor Murkes gesammeltes Schweigen (Erzählung, 1958). Romane: Haus ohne Hüter (1954), Billard um halbzehn (1961).
Max Frisch (1911-91): Stiller (Roman, 1954: Doppelgängermotiv als Symbol der Identitätskrise).
1945 - 1990 (West) Innenpolitische Auseinandersetzungen, außenpolitische Entspannung - Wiedervereinigung Deutschlands -Ende der Nachkriegszeit - politisches Engagement - neue Subjektivität - Identitäts- und Wirklichkeitskrise -Endzeitvisionen - Absurdität und Sinnentleerung - geschichtliche Neubesinnung Dokumentartheater -Sprachexperiment - Zeitroman - Neuer Realismus
1963 erstes Passierscheinabkommen in Berlin
1963-1965 Auschwitzsprozeß
1969 Beginn der Verhandlungen der 4 Siegermächte über Berlin
1971 Vier-Mächte-Abkommen über Berlin (Transit-, Reise- und Besuchsverkehr)
21.12.1972 Grundlagenvertrag zwischen Bundesrepublik Deutschland und DDR
1973 Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland und der DDR in die UNO
1974 Austausch von ständigen Vertretungen
1975 1. KSZE in Helsinki
1976 Höhepunkt des RAF-Terrors in der Bundesrepublik
Fortsetzung der Annäherungsund Entspannungspolitik,
Umdenken in der sowjetischen Politik ("Glasnost" und "Perestrojka") durch Gorbatschow
seit 1985
seit August 1989 Massenflucht von Deutschen aus der DDR über Ungarn und Tschechoslowakei
9.11.1989 Öffnung der Mauer in Berlin
1.7.1990 Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion
12.9.1990 Unterzeichnung des "2 + 4"-Vertrages zur Aufhebung der alliierten Siegerrechte aus dem 2. Weltkrieg in Moskau
1.10.1990 Suspendierung der alliierten Siegerrechte in New York
3.10.1990 Wiedervereinigung Deutschlands, Fest der Einheit,
Ende der Nachkriegszeit
3. Phase 1960er Jahre: Gesellschaftliches und politisches Engagement
Aufbrechen der unbewältigten Vergangenheit: Drittes Reich, Kriegs- und Nachkriegszeit, Feindbilder, Verlust der Selbstsicherheit der Aufbaujahre. Im Zuge der innenpolitischen Auseinandersetzung (Studentenbewegung 1968, außerparlamentarische Opposition, Frauenbewegung, Bürgerinitiativen) verstärktes Engagement der Schriftsteller.
Günter Grass (*1927): Die Blechtrommel (Roman, 1959).
Max Frisch (1911-91): Andorra (Schauspiel, 1961).
Uwe Johnson (1934-84): Das dritte Buch über Achim (Roman, 1961).
Heinrich Böll (1917- 85): Ende einer Dienstfahrt (Erzählung, 1966).
Siegfried Lenz (*1926): Deutschstunde (Roman, 1968).
4. Phase 1970er und Beginn der 1980er Jahre: Neue Sensibilität, Suche nach politischer und geschichtlicher Identität
Ingeborg Drewitz (1923-86): Gestern war Heute. Hundert Jahre Gegenwart (Roman, 1978).
Peter Härtling (*1933): Hölderlin (1976).
Christoph Meckel (*1935): Suchbild. Über meinen Vater (1980). Dazu Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen:
Heinrich Böll: Die verlorene Ehre der Katharina Blum (Erzählung, 1974). In den 80er Jahren Thematisierung ökologischer, atomarer Bedrohung der "Zerstörung des Individuums":
Günter Grass: Die Rättin (Roman, 1986).
Botho Strauss (*1944): Der Park (Schauspiel, 1983).
Thomas Bernhard (1931-89): Heldenplatz (Schauspiel, 1988).

Erzählende Literatur seit 1945
Aufarbeitung der Vergangenheit:
Alfred Andersch: Sansibar oder der letzte Grund (1957).
Heinrich Böll: Billard um halbzehn (1959).
Günter Grass: Die Blechtrommel (1959), Katz und Maus (1961), Hundejahre (1963).
Siegfried Lenz: Deutschstunde (1968). Identitätsprobleme:
Marie-Luise Kaschnitz: Das dicke Kind (1951).
Max Frisch: Stiller (1954), Homo faber (1957), Mein Name sei Gantenbein (1964).
Martin Walser: Ehen in Philippsburg (1957), Halbzeit (1960), Das Einhorn (1966), Brandung (1985). Neue Subjektivität:
Nicolas Born (1937-79): Die erdabgewandte Seite der Geschichte (1976).
Botho Strauß (*1944): Rumor (1980).

Dramen seit 1945
Parabeldrama in der Nachfolge Brechts. Groteske - die Welt als Irrenhaus. Dokumentartheater: RolfHochhuth (*1931): Der Stellvertreter (1963).
Heinar Kipphardt (1922-82): In der Sache J. Robert Oppenheimer (1964).
Peter Weiss (1916-82): Die Ermittlung (1965).
Friedrich Dürrenmatt: Die Physiker (1962, Neufassung 1980). Sprechtheater:
Peter Handke (*1942): Publikumsbeschimpfung (1966), Kaspar (1968).

Beginn der Auseinandersetzung mit dem "Befinden des Individuums":
Thomas Bernhard: Die Jagdgesellschaft (1974), Der Weltverbesserer (1978).
Botho Strauß: Trilogie des Wiedersehens (1976), Groß und klein, Szenen (1978).

Das neue Volksstück:
Franz Xaver Kroetz (*1946): Stallerhof (1972), Oberösterreich (1972), Mensch Meier (1978), Nicht Fisch nicht Fleisch (1981).

Lyrik seit 1945
Das Problem des "Schreibens nach Auschwitz" wird hier am deutlichsten; hermetische Gedichte, z. B. die Gedichtsammlung Die Niemandsrose von Paul Celan (1920-70). Sprachspiele und konkrete Poesie: Hans Magnus Enzensberger (*1929), Eugen Gomringer (*1925), Helmut Heißenbüttel (*1921). Politische Lyrik in den 70er Jahren bis in die unmittelbare Gegenwart, Verbindung von persönlichem und gesellschaftlichem Bezug:
Erich Fried (1921-88).

Die achtziger Jahre gelten wieder als ein Jahrzehnt der Lyrik; eine Vielzahl von Ansätzen, die Andeutungssprache der Poesie so fortzuführen, daß "die spröden Widersprüchlichkeiten, in die sich das Gedicht verwickelt hat, dieserjähe Zugriff aufs Innerste" deutlich und möglich wird (Gerhard Falkner in Proö, 1991), u. a.
Durs Grünbein in Schädelbasislektion (1991): "Zwischen Logik und Körper klemmt -Ironie";
Alfred Kolleritsch (*1931): Gegenwege (1991) mit der Orientierung des Sprachgestus an Körpergesten; der bewußte Umgang mit traditioneller Metaphorik bei
Erika Burkart(*1922): Die Zärtlichkeit der Schatten (1991) und
Dorothee Haeseling: Was zu lieben blieb (1991) in der Nachfolge von Ingeborg Bachmann und Christine Lavant; Lakonismen und poetische Heiterkeit bei
Annemarie Zornack (*1932): eingehaltenejahreszeit (1991) und
Elke Erb (*1938): Nachts, halb zwei, zu Hause (1991); die Sonette von
Klaus Modick (*1951): Der Schatten den die Hand wirft (1991), die mit vielen Verweisen auf das Barockgedicht, auf Computerzeichen, auf Hofmannsthal u. a. die traditionelle Form öffnen und das Schweigen als notwendigen Bestandteil der Poesie erklären: "das Schweigen ist der allerletzte Hafen/in seinem Becken ankert Poesie."

In der zweiten Hälfte der 80er Jahre und im Zuge der Wiedervereinigung behutsame Annäherung und Auseinandersetzung der Schriftsteller mit der schwierigen "Patria" Deutschland. Reflexion der offensichtlichen Enthaltsamkeit der westdeutschen Schriftsteller im Hinblick auf die deutsche Frage. Möglicherweise programmatische Textsammlung
Martin Walsers: Über Deutschland reden (1989).

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