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  Denken, Lernen, Selbstlernen

aus: S. u. N. Ostrander/L. Schroeder, "Superlearning" Die revolutionäre Lernmethode, Leichter lernen ohne Stress,
Goldmann Verlag TB, München, 1990, S. 66 - 126 (Fortsetzung)

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Lautes Lesen

Superlearning verwendet einen Acht-Sekunden-Zyklus, in dem der Lernstoff in gemächlichen Intervallen gesprochen wird. Stellen Sie sich innerhalb dieses Zyklus zwei Takte von je vier Schlägen oder zwei Zeiteinheiten von je vier Sekunden vor. Jede Sekunde erfolgt ein Schlag.
1     2     3     4   1     2     3     4

Beim Sprechen müssen Sie jeweils eine Informationseinheit in diesem Acht-Sekunden-Zyklus unterbringen. Sie brauchen nicht im Takt der Musik oder des Metronoms zu sprechen. Sie sollten lediglich darauf achten, dass Sie beim Vortrag mit dem vorgegebenen Zeitmaß auskommen.

Für uns hat sich ein »Takt-Tonband« als gute Hilfe erwiesen. Nehmen Sie einfach die Taktschläge eines Metronoms auf Tonband auf - alle 4 Sekunden ein Taktschlag. Spielen Sie das Tonband dann ab, damit Sie wissen, wann Sie sprechen und wann Sie stumm sein sollen.

Nehmen wir der Einfachheit halber als Lernbeispiel das kleine Einmaleins. Verwenden Sie eine Uhr oder besser ein Metronom oder einen anderen Zeitmesser. jede Sekunde erfolgt ein Ticken oder ein Schlag. Während der ersten vier Schläge des Zyklus bleiben Sie stumm, während der nächsten vier Schläge sprechen Sie den Stoff.
1     2     3     4   1     2     3     4
S t i l l e2    ·    2    =    4
S t i l l e2    ·    3    =    6
S t i l l e2    ·    4    =    8
S t i l l e2    ·    5   =   10

Und mit französischen Vokabeln, um noch ein Beispiel zu geben, geht es so:
1     2     3     4   1     2     3     4
S t i l l eHase, le lapin
S t i l l eBett, le lit
S t i l l eBuch, le livre

Noch einmal: Sie sprechen nicht im Takt, sondern versuchen einfach bei Ihrem Vortrag mit vier Sekunden auszukommen. Wenn Sie nur zwei Worte zu sagen haben, können Sie langsam sprechen; wenn Sie mehr Material unterbringen müssen, sprechen Sie schneller. Sie werden sehen, dass Sie eine ganze Menge Information innerhalb von vier Sekunden vermitteln können, ohne dass Sie gleich wie Donald Duck klingen. Stellen Sie sich vor, Sie sprechen in einen Anrufbeantworter: Wenn das Ticken der zweiten Zeiteinheit ertönt, beginnen Sie.

Die einfache alte Sekundenzählmethode - »Eine Kartoffel, zwei Kartoffeln, drei Kartoffeln, vier Kartoffeln« - gibt Ihnen eine annähernde Vorstellung davon, wie viele Worte Sie in vier Sekunden unterbringen können. Wenn Sie schnell sprechen, schaffen Sie mehr.


Intonation

Die Bulgaren machten die Erfahrung, dass man das Interesse der Zuhörer länger aufrechterhalten kann, wenn man den Tonfall während des Vortrags von einem Zyklus zum anderen ändert. Sie verwenden dreierlei Intonationen: die normale Sprechstimme, das leise Flüstern und den Befehlston. Zwischen diesen dreien wird ständig abgewechselt.
1     2     3     4   1     2     3     4   Intonation
S t i l l e2    ·    6   =   12normal
S t i l l e2    ·    7   =   14leise
S t i l l e2    ·    8   =   16laut
S t i l l e2    ·    9   =   18normal

Oder bei französischen Vokabeln:
1     2     3     4   1     2     3     4   Intonation
S t i l l eanstiften, machinernormal
S t i l l eGeschäft, un magasinleise
S t i l l eEssen, mangerlaut

Wenn Sie die Intonation variieren wollen, teilen Sie am besten Ihr Material vorher in Dreiergruppen ein, damit Sie während Ihres Vortrags zwischen normaler, leiser und lauter Stimme mühelos abwechseln können. (Versuchen Sie nicht, entsprechend dem Wortsinn zu artikulieren; Form und Inhalt brauchen in diesem Fall nicht übereinzustimmen.)

Manche haben Superlearning auch ohne Variation des Tonfalls mit Erfolg angewandt. Dieser Punkt scheint also nicht zu den »Essentials« zu gehören; aber bedenken Sie, dass Ihr Lernvermögen um so größer wird, je mehr methodische Elemente Sie einsetzen.

Das ist also der grundlegende Superlearning-Zyklus. Mit etwas Übung wird es Ihnen leicht fallen, im Achtertakt zu sprechen. Auch hier werden Sie sehen, dass das richtige Timing sich fast automatisch einstellt. Sie werden ohne Schwierigkeit zum Ticken des Zeitmessers sprechen können. Sobald man sich an die Methode gewöhnt hat, bewältigt man gewöhnlich fünfzig bis hundertfünfzig neue Inforinationseinheiten pro Sitzung. So könnte man das kleine Einmaleins in einer oder in zwei Sitzungen lernen. Und wenn Sie zum Beispiel das periodische System der chemischen Elemente lernen wollen, könnten Sie den Stoff so programmieren, dass Sie jeweils Ordnungszahl, Namen und Symbol eines Elements zusammenstellen.
1     2     3     4   1     2     3     4   Intonation
S t i l l eeins - Wasserstoff - Hnormal
S t i l l ezwei - Helium - Heleise
S t i l l edrei - Lithium - Lilaut
S t i l l evier - Beryllium - Benormal
S t i l l efünf- Bor - Bleise
S t i l l esechs - Kohlenstoff- Claut


Längere Lerneinheiten

In Bulgarien werden oft schon die letzten zwei Schläge der ersten Zeiteinheit verwendet, wenn es ein größeres Gebiet zu bewältigen gilt. Der Hauptstoff wird jedoch in der zweiten Zeiteinheit gesprochen. Das ist ein gutes Schema für fremdsprachliche Sätze. Die deutsche Übersetzung wird ziemlich rasch während des dritten und vierten Schlages der ersten Zeiteinheit gegeben, dann folgt der Satz in der Fremdsprache:
1     2     3     4   1     2     3     4   Intonation
Stille - Es tut mir leid, daß ich zu spät kommeje regrette d'etre en retardnormal
Stille - achtundneunzigQuatre-vingt-dix-huitleise
Stille - Ich habe schon Hunger!J'ai deja faim!laut

Die bulgarischen Suggestopäden stellten fest, dass der Wortschatz einer Fremdsprache sich leichter in kurzen Sätzen als in großen Brocken erlernen lässt. Wenn es aber um Regeln geht, mathematische Formeln, lange Definitionen oder Lehrsätze, ist es besser, den Gedanken oder Begriff nicht in kleine Teilstücke zu zerhacken. Die Lernenden konnten lange Definitionen besser behalten, wenn der vollständige Gedankengang in einem langen Satz formuliert und zur Musik einfach vorgelesen wurde, und zwar unter Verwendung so vieler Takte wie nötig.


Der Zyklus im Zwölfertakt

In Amerika hat sich auch der Zyklus im Zwölfertakt bewährt. Er besteht einfach aus drei Zeiteinheiten von je vier Sekunden. Vielleicht haben Sie Lust, einmal damit zu experimentieren. Wenn Sie sich englische Vokabeln und die Orthographie dieser Wörter beibringen wollen, können Sie so vorgehen:
1    2    3    4   1    2    3    4   1    2    3    4
governg-o-v-e-r-nherrschen, regieren
fulsomef-u-l-s-o-m-eübertrieben, geschmacklos
taxationt-a-x-a-t-i-o-nBesteuerung
(Buchstabieren Sie)

Genau betrachtet können Sie aber fast alles, was Sie lernen möchten im Achterzyklus unterbringen.
(Wenn Sie den Zwölferzyklus verwenden, geht die Atmung übrigens so: einatmen- 4 Schläge, anhalten- 4 Schläge, ausatmen-4 Schläge.)

Wenn Sie laut lesen

Wenn Sie gelernt haben, zum Achterzyklus zu sprechen, ist das laute Lesen einfach. Nehmen Sie eine Uhr zu Hilfe, oder setzen Sie das Metronom in Gang, und tragen Sie Ihren Stoff Zyklus um Zyklus vor. Variieren Sie wenn möglich die Intonation. Nehmen Sie auf diese Weise Ihren Stoff zehn bis fünfzehn Minuten lang durch.

Dann hören Sie auf und lesen genau denselben Stoff zu langsamer Barockmusik, die Sie leise abspielen. Behalten Sie weiter den Achterzyklus bei, und lesen Sie einfach zur Musik. Der erste Schlag Ihres Zyklus soll möglichst mit dem ersten Taktschlag der Musik oder mit einem musikalischen Akzent zusammenfallen; entscheidend ist das aber nicht. Achten Sie darauf, dass Ihre Stimme die Musik deutlich übertönt.

Anstatt den Stoff ein zweites Mal zur Musik laut zu lesen, können Sie auch zwei Tonbandgeräte verwenden. Spielen Sie die Musik auf das eine Tonband und sprechen Sie den Stoff auf das andere. Ihr Vortrag braucht mit dem Takt der Musik nicht haargenau übereinzustimmen. (In der Musik gibt es immer wieder einen Tempowechsel.)

Wenn Sie alleine lernen, sprechen Sie Ihren Stoff auf ein Dreißig-Minuten-Band. Nehmen Sie das Material einmal durch, dann ein zweites Mal zur Musik. Heben Sie Ihr Tonband auf, bis Sie im richtigen, geistig entspannten Zustand sind, und hören Sie es dann ab. Wenn Sie mit jemandem zusammenlernen und Sie sind an der Reihe mit dem Vorlesen, dann sprechen Sie den Stoff zuerst ohne und dann mit Musik. Beim Zwölferzyklus ist es genauso.


Programmieren Sie Ihr Lernmaterial

Folgende Sätze, die im Tempo des Achterzyklus zu sprechen sind, wurden dem Text eines englischen Sprachkurses für Bulgaren entnommen. (Anstelle der im Original natürlich bulgarischen Übersetzung steht hier die deutsche.)

ABCIntonation
2 Sekunden2 Sekunden4 Sekunden 
PauseÜbersetzungEnglischer Satz 
 »Da ist ein Grammophon
mit Schallplatten«
»There is a gramophone with records.« normale, sachliche Stimme
 »In der Klasse sind keine
Stühle, nicht wahr?«
»There are no chairs in the classroom,
are they?«
flüsternd, beschwörend
 »Nein, hier sind nur
Lehnsessel.«
»No, there are only armchairs here.« lauter Befehlston
 »Gibt es Pulte?« »Are there any desks?« normal
 »Nein, hier ist ein
viereckiger Tisch.«
»No, there is a square table.« flüsternd
 »An der Wand ist
eine Tafel.«
»There's a blackboard on the wall.« laut

(Anmerkung: In Bulgarien wurde nur der zu lernende Stoff vorgetragen, nicht die Übersetzung.)

Normalerweise haben höchstens neun kurze Wörter im Vier-Sekunden-Rahmen Platz. Sie können Ihr Material in Neun-Wörter-Gruppen oder noch kleinere Einheiten aufteilen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Vokabeln sich glänzend für Superlearning programmieren lassen.

Im Achterzyklus können Sie siebeneinhalb Lerneinheiten (Sätze oder Wörter) pro Minute unterbringen. Hundert Wörter erfordern ungefähr dreizehn Minuten. Im allgemeinen sind Sitzungen von zwanzig Minuten zu empfehlen.

Ein Tonband von zwanzig Minuten (die üblichste Länge) könnte etwa so gestaltet werden:

Fünfzig Vokabeln können in ungefähr sechseinhalb Minuten durchgenommen werden. Für achtzig Wörter braucht man etwa zehn Minuten.

In den Sprachführern für Touristen werden meistens kurze Sätze wiedergegeben, die man für Superlearning leicht adaptieren kann. Das Kursmaterial anderer Schnell-Lernsysteme, zum Beispiel des Schlaflernens, lässt sich ebenfalls gut bearbeiten.

Wenn Sie beginnen, sich mit Superlearning näher zu beschäftigen, werden Sie viel Faszinierendes darüber entdecken, wie die verschiedenen Elemente zusammenwirken und zu Supergedächtnis und zur Steigerung der geistigen Fähigkeiten führen. Sie werden herausfinden, wie Sie auf jede der verschiedenen Variablen ansprechen, und können diese zur Steigerung Ihrer Leistung auf Ihre individuellen Bedürfnisse abstimmen, anstatt das ganze Ritual stets stur durchzuspielen.

Vielleicht merken Sie etwa, dass die Atemübungen bei Ihnen besonders zur Leistungssteigerung beitragen; oder dass vor allem aufmerksam durchgeführte Entspannungsübungen zu besseren Ergebnissen führen; oder dass die Affirmationen zur Steigerung des Lernvermögens Sie geradezu beflügeln. Auch ein nochmaliges Abspielen der Musik während des Quiz kann eine Gedächtnisstütze sein.

Schuster und Benitez-Bordon, die Forscher aus Iowa, haben versucht, die verschiedenen Komponenten einzeln zu analysieren und herauszufinden, wie sie auf das Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis wirken. Sie stellten fest, dass bei Affirmationen zur Steigerung des Lernvermögens die Leistung um 60 Prozent nach oben schnellte. Die Synchronisierung der Atmung mit dem langsamen Tempo des zur Musik vorgetragenen Stoffes verbesserte die Leistung unmittelbar um 78 Prozent. Gruppen, die mit sämtlichen Elementen in einem wohlverwobenen Ganzen arbeiteten, konnten eine Steigerung um 141 Prozent erzielen. Die Elemente wirken so zusammen, dass sie sich gegenseitig »aufschaukeln«.

Doug Shaffer stellte in seinen Untersuchungen fest, dass der eigentliche Schlüssel zu den allerbesten Resultaten die synchronisierte Atmung war. Während zur gleichen Zeit Forscher in Georgia herausfanden, dass viele kleinere Kinder mit diesem System des Atmens nicht ganz zurechtkamen, was durch eine gute Entspannung jedoch wettgemacht werden konnte.

Es muss noch viel Forschungsarbeit geleistet werden, um mehr über die psychophysischen Wirkungen der einzelnen Komponenten des Systems sagen zu können: die verschiedenen Arten von Musik; verschiedene rhythmische Zyklen der verbalen Wiederholung und der Atmung; verschiedene musikalische Zeitmaße; die Beziehung zwischen rhythmischer Atmung und Gedächtnis, Sauerstoffversorgung des Gehirns, Lernvermögen usw.

In den Vereinigten Staaten ist Superlearning bisher hauptsächlich als »Notprogramm« eingesetzt worden - um Schülern zu helfen, sich wichtige Grundkenntnisse anzueignen. Aber erst wenige Menschen des Westens haben erforscht, wie groß ihr geistiges Potential wirklich ist und wo die Grenze dessen liegt, was man an einem Tag an Stoff bewältigen kann. Könnte man sich mit Hilfe des Systems vielleicht sogar zwei Sprachen gleichzeitig aneignen, also »zweigleisig« lernen?

Die verschiedenen Möglichkeiten der Methode müssen erst noch erforscht werden. Begabte Kinder werden bei diesem System oft vernachlässigt. Manchmal finden sie von selbst einen Weg zur Konzentration, oder sie entwickeln ein fotografisches Gedächtnis, aber diese Techniken des »Lernens, wie man lernt«, sind im allgemeinen nicht auf bereits Hochbegabte ausgerichtet. Anstatt die Superlearning-Schüler in den regulären Unterrichtsfächern weiter als den Durchschnitt zu bringen, wurde in manchen bulgarischen Schulexperimenten die Anzahl der Gebiete erhöht - mehr Fremdsprachen und verschiedene andere Fächer-, mit dem Ziel, ein ausgewogenes Universalwissen zu fördern anstelle von Überspezialisierung.

Es liegt auf der Hand, dass Suggestopädie grundsätzlich ein auditives System und daher ungeeignet für gehörgeschädigte Leute ist. In Bulgarien hat man jedoch inzwischen auch ein visuelles System entwickelt. So wurde zum Beispiel nach einem Grimmschen Märchen eigens eine Oper komponiert, deren Handlung mit einem Arithmetiklehrgang verbunden ist, der in einer Ecke des Bildschirms immer wieder aufblitzt.

Je mehr Menschen das System des schnellen Lernens erforschen, desto mehr Einzelheiten wird man entdecken, die unser natürliches Lernvermögen steigern können.

 

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