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Baumpfleger
Robert Kiefl, 29, Frankfurt
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"Achtung!" ruft es aus dem Baum und einige Sekunden später kracht ein dicker Ast zu Boden. Gerufen hat Robert Kiefl von seinem Arbeitsplatz in 20 Meter Höhe. Dort betreibt der 29-Jährige schonende Baumpflege. Gesichert durch Seil und Klettergurt, bewegt er sich mit akrobatischer Leichtigkeit durch den Wipfel. Bewaffnet mit einer Säge rückt er totem Holz zu Leibe.

Mit einfachem Drauflossägen hat die anstrengende Tätigkeit allerdings nichts zu tun. Um für diesen Beruf fit zu werden hat der gelernte Gärtnermeister im Garten- und Landschaftsbau noch den Fachagrarwirt für Baumpflege und -sanierung gemacht, der ihn auf die allgemeine Baumpflege vorbereitete. Spezialisiert hat er sich in Heidelberg mit dem Praxis-Kurs "Die seilunterstützte Baumpflege". Der halbjährige Lehrgang wird von den Lehr- Versuchsanstalten für Gartenbau in Heidelberg und in Berlin angeboten. In Heidelberg bildet der seit zwei Jahren selbstständige Kiefl inzwischen selber aus.

Die Bäume, alle Lebendige, liegen ihm sehr am Herzen wie er betont: "In unserer Gesellschaft fehlt generell die Rücksicht für andere Lebewesen, auch für Bäume." Es tut im weh, wenn er einen, insbesondere von Menschenhand, verstümmelten Baum sieht. "Wenn einem Baum die Würde genommen ist, sollte man ihn am besten fällen." betont er. In erster Linie aber pflegen die Baumkletterer. Es geht Ihnen um den Erhalt dieser Pflanzenriesen. Dafür entfernen sie totes Holz, das für Mensch und Verkehr eine Gefahr darstellen könnte. Sie lichten die Krone aus oder führen auch mal eine sogenannte Spezialfällung durch. Dabei wird der Baum stückchenweise abgetragen. Diese schonende Art der Fällung kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn es am Boden für den fallenden Baum nicht ausreichenden Platz geben würde.

Schonend ist die Baumklettertechnik auch deshalb, weil für die Arbeiten am Baum keine schwere Hebebühne notwendig ist. Diese Maschinen beschädigen oft umstehende Pflanzen oder den Baum selbst. "Für die Pflege eines einzelnen Baumes lohnt es sich oft nicht, für 500 Mark eine Hebebühne anzumieten," erklärt der junge Ginnheimer.

Aufträge bekommt er inzwischen von der Kommune, von Privatleuten und Firmen. Einer seiner großen Aufträge war die Pflege von 70 Bäumen auf dem Frankfurter Hauptfriedhof. Diesen Auftrag führte er bei klirrender Kälte durch, als Eiszapfen an den Ästen hingen. Achselzuckend meinte Kiefl dazu: "Das Wetter kann man sich nicht aussuchen, man ist bei Wind und Wetter draußen." Der Einsatz im Winter hat für ihn auch Vorteile, den es gibt kein Laub, das die Sicht versperrt und das Holz ist trockener und somit leichter.

Laut Kiefl gibt es im Raum Frankfurt nur drei Firmen, die die seilunterstützte Baumpflege anbieten. In Deutschland, so schätzt er, gebe es vielleicht 2000 Baumpfleger, die mehr oder weniger konsequent in diesem Beruf arbeiten. Die internationale Verflechtung spiele bei den Baumpflegern eine große Rolle. Es werden Wettkämpfe bis hin zu Weltmeisterschaften abgehalten. Auf den Internet-Seiten von www.arborist.de und www.climbsafe.de kann man faszinierende Dinge über die Welt der Baumkletterer erfahren.(prhs)

Einen geregelten Ausbildungsgang zum Baumpfleger gibt es nicht, deshalb führen verschiedene Wege ans Ziel. Informieren kann man sich bei oben genannten Organisationen, bei der Lehr- und Versuchsanstalt in Heidelberg unter der Nummer 06221 / 79840 oder beim Arbeitsamt Frankfurt unter 069 / 21712430.

FR vom 27.7.2000

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